FSV OPTIK RATHENOW

Brandenburgischer Landespokalsieger 2013, 2014. Oberligameister 2015, 2018

OBERLIGA

DREI PUNKTE NACH VERRÜCKTEM SPIEL

Optik gewinnt gegen Blau-Weiß 90 mit 5:0. Doch der Spielverlauf war nicht so, wie es das Ergebnis vermuten lässt.

Foto: Ron Brunow

"Ich habe selten so ein Spiel erlebt", kommentierte Gästetrainer Marco Gebhardt den 5:0-Erfolg des FSV Optik gegen Blau-Weiß 90. Tatsächlich waren Spielverlauf und Endergebnis völlig unterschiedlich.

Ingo Kahlisch war vor dem Anpfiff sichtlich angespannt. Zu den ohnehin gemeldeten Ausfällen gesellte sich auch noch Marc Langner, der sich am Donnerstag im Training verletzt hatte. So musste Przemyslaw Tobola erstmals als Innenverteidiger ran und Sabri Rezouani rückte in die Startformation. Im Endeffekt hieß das, dass Kapitän Jerome Leroy der einzige Rathenower im Kader war, der nicht mehr unter die U23-Regel fiel.

Zu Beginn bekamen die Zuschauer den Eindruck, Blau-Weiß plant nicht den freiwilligen Rückzug, sondern den Regionalliga-Aufstieg. Nach drei Minuten hatten die Gäste drei Ecken und durch Florian Kohls und Romario Hartwig (Kopfball aus fünf Metern) zwei klare Gelegenheiten. Simeon Hawwary konnte beide Versuche abwehren.

Erst in der 13. Minute die erste Chance für Optik, als Shpetim Xhaka einen Direktschuss knapp am Gehäuse vorbeisetzte. 60 Sekunden später, wieder Xhaka, noch knapper, diesmal per Kopf. Die Rathenower Führung entstand dann aber aus, wenn man so sagen darf, keiner Chance. Bei einem langen Ball auf die Außenposition sprintete Torhüter Lars Weber komplett unnötig aus seinem Kasten. Shai Neal war schneller, spielte Weber an der Seitenlinie aus und traf via Innenpfosten aus ganz spitzem Winkel zum 1:0.

Schon kurz darauf machte der gerade 19-jährige Keeper, der bislang ein einziges Oberligaspiel in seiner Vita zu stehen hat, seinen Fehler wieder gut. Der FSV hatte erkannt, dass die Berliner bei eigenem Ballbesitz zwar blitzschnell auf Dreierkette umstellten, der umgekehrte Vorgang nach dem Verlust des Spielgerätes aber häufig recht lange dauerte. So lief Justin Kabuya im Konter zweimal alleine auf den Torwart zu, ohne ihn überwinden zu können.

Nach nicht einmal einer halben Stunde hatte Marco Gebhardt genug. Nach dem Doppelwechsel ließ die Reaktion der beiden vom Feld genommenen Akteure schlimmes für die Kabinentür befürchten. Zum Glück konnten sich Yousef El-Meguid und Maxim Cygankov noch genauso zügeln, wie die 22 Spieler auf dem Feld, die über die gesamte Spielzeit sehr anständig miteinander umgingen. Die Verwarnungen für Optik resultierten aus übertriebenem Jubel (Charles Antoine Oba-Elle schoss vor Freude über das 1:0 den Ball weit ins Aus) und einem taktischen Vergehen, sprich Trikotzupfer, von Jerome Leroy.

Zur folgenschweren Gelben Karte der Mariendorfer kommen wir noch. Im Verlauf der ersten Halbzeit wechselten nicht nur Schneegestöber und Sonnenschein, sondern auch die Spielanteile. Nachdem ein weiterer Schuss von Shpetim Xhaka auf der Linie geklärt wurde, waren es die Gäste, die durch einen Freistoß von Tamino Marker und einem Abschluss aus Nahdistanz von Patrick Lux die nächsten Chancen hatten. Wieder hielt Simeon Hawwary seinem Team die Null.

Auf der Gegenseite folgte ein weiterer Konter. Die hoch stehende Dreierkette ging auf Abseits aus, Jerome Leroy spielte gar nicht ab, sondern lief alleine durch. Erneut blieb Lars Weber Sieger, aber den Abpraller schob Justin Kabuya zum 2:0 in die Maschen.

Für die zweite Hälfte fand der Gästecoach mit: "Ein gebrauchter Tag" die höflichste aller möglichen Umschreibungen. Eine Viertelstunde lang dominierte Blau-Weiß das Geschehen eindeutig, ohne sich jedoch große Möglichkeiten zu erspielen. Beim ersten Konterversuch überhaupt wurde Vladislav Lukanov in Höhe der Mittellinie gefoult. Nichts dramatisches eigentlich, natürlich Gelb für Tamino Marker. Der verletzte sich allerdings selbst bei der Aktion und musste mit Hilfe des Physios vom Platz gebracht werden. Noch ehe Mykyta Asieiev zum Wechsel bereitstand, wurde der fällige Freistoß ausgeführt. Sabri Rezouani traf per wunderschöner Kopfballbogenlampe zum 3:0.

Die Hauptstädter gaben nicht auf, kamen zu jeder Menge Ecken und hatten wieder Pech. Charles Antoine Oba-Elle wollte mit dem Kopf klären, überlupfte dabei seinen eigenen Torwart. Der Ball landete am Pfosten. Dann stellte Ingo Kahlisch um. Shai Neal ging eins nach hinten auf die Zehn, Manuel Härtel wurde als Stürmer eingewechselt. Manchmal zahlt sich so eine Maßnahme aus, am Samstag nach genau zwölf Sekunden. Da war Härtel mit einem Kabuya-Steilpass losgestiefelt und hatte zum 4:0 getroffen.

Anschließend wurde es komplett wild. Vom Anstoß weg spielte Berlin nach vorn und traf ins Netz. Sofort ging die Fahne des Assistenten hoch - Abseits. Der Freistoß für Optik kam lang nach vorne, Justin Kabuya zog aus etwa 18 Metern einfach ab und es hieß 5:0.

Weitere Tore fielen nicht, doch es blieb eine einfach verrückte Partie. Wenige Minuten nach dem Debüt von Neuzugang Salomao Nafilo wurde auch Bretigeyn Kovachev, Kapitän der zweiten Mannschaft, erstmals in einem Oberligaspiel eingewechselt, rettete nach einer BW-Ecke auf der Linie, ehe im direkten Gegenzug sein Volleyschuss von Patrick Lux ebenfalls auf der Linie geklärt wurde. Das war es dann aber wirklich, und mit dem 5:0 hat Optik unmittelbar Anschluss ans untere Mittelfeld gefunden.

Marco Gebhardt: "Ich habe selten so ein Spiel erlebt. Die Jungs sitzen in der Kabine und sind total geknickt. Ja, irgendwie haben wir dem Gegner mit den vielen Rathenower Kontern natürlich in die Karten gespielt. Aber wir hatten doch selbst genug Chancen, die haben wir nicht genutzt. Dann ermöglichen wir Optik durch einen individuellen Fehler die Führung. Danach war es ein restlos gebrauchter Tag, es tut mir leid für die Jungs. Allerdings, alle haben ja den Anspruch, Oberliga zu spielen, einige sollten sich da mal hinterfragen."

Ingo Kahlisch: "Nach all den Problemen der letzten Woche bin ich ganz schön geschafft. Na klar, mit dem Ergebnis sind wir SEHR zufrieden. Ich denke, wir haben das Spiel bei den widrigen äußeren Bedingungen heute besser angenommen, als gegen Tasmania. Sicher ist uns der Gegner durch sein taktisches Verhalten entgegengekommen. Und ja, tatsächlich hätten wir bei mehr Cleverness sogar noch mehr Tore schießen können. Andersherum müssen wir uns hinten selbst cleverer anstellen, das waren mir viel zu viele gefährlich hereingezogene Ecken. Przemyslaw Tobola hat es bei seinem ersten Einsatz als Innenverteidiger im Männerbereich aber ordentlich gemacht. Wir müssen nun einfach mit der jungen Truppe vernünftig weitermachen."

RATHENOW: Hawwary - Lukanov, Oba-Elle (G), Tobola, Rezouani - Xhaka, Leroy (G/77. Vicente) - Akinsete (77. Nafilo), Rodriguez (72. Härtel), Kabuya (82. Kovachev) - Neal

BERLIN: Weber - Cygankov (28. Wiebach), Solak, Gustavus, Marker (G/61. Asieiev) - Lux - Gartmann, Kohls, El-Meguid (28. Jean-Louis) - Hartwig (80. Bicakci), Okezie-Andicene

TORE:
1:0 Shai Neal (21.)
2:0 Justin Kabuya (41.)
3:0 Sabri Rezouani (60.)
4:0 Manuel Härtel (72.)
5:0 Justin Kabuya (74.)