FSV OPTIK RATHENOW

Brandenburgischer Landespokalsieger 2013, 2014. Oberligameister 2015, 2018

OBERLIGA

GUTES ERGEBNIS, SCHLECHTES SPIEL

Optik gewinnt gegen Victoria Seelow klar mit 6:1, doch Ingo Kahlisch war nach dem Spiel alles andere als zufrieden.

Mit einer Viertelstunde Verspätung begann das erste Punktspiel zwischen Optik Rathenow und Victoria Seelow, da die Gäste im Stau standen. Das Resultat war sensationell gut, die Leistung nicht. "Wer das nicht gesehen hat, könnte vom Ergebnis her einen völlig falschen Eindruck vom Spiel haben." Nach dem 6:1 über Victoria Seelow bemühte sich Ingo Kahlisch, eventuell aufkommende Euphorie zu dämpfen. Trotz des höchsten Saisonsieges gab es viel zu kritisieren.

Da wäre zuerst das Wetter. Im Dauerregen am Vogelgesang patzten zu Beginn vor allem die Torhüter. Zur Entschuldigung: Maurice Geisler bestritt sein erstes Oberligaspiel überhaupt, Bjarne Rogall litt vielleicht noch unter Nachwehen des am Vortag gefeierten 27. Geburtstages. Dann waren beide Trainer überhaupt nicht zufrieden, was die Abwehrarbeit betrifft. Hätte es zur Pause 6:5 gestanden, wären noch nicht alle klaren Chancen (oder je nach Sichtweise groben Abwehrschnitzer) ausgenutzt worden.

Aber der Reihe nach: Mit dem ersten Angriff gingen die Gäste in Führung. Beim Freistoß von Spielertrainer Sebastian Jankowski verschätzte sich Bjarne Rogall, bekam das Leder nicht richtig zu fassen und ermöglichte Enrico Below so das 0:1 (4. Minute). Der Ausgleich fünf Minuten später beantwortete auch die Frage, wer für Dragan Erkic in die Mannschaft kommen würde. Es war Martin Weber, der nach Vorlage von Arda Dülek über rechts bis zur Grundlinie zog und dann den Rückpass auf Jerome Leroy spielte. Der straffe Schuss des Kapitäns zum 1:1 war nicht haltbar, wohl aber das kurz darauf folgende 2:1. Diesmal hielt Maurice Geisler den Ball nicht fest, Murat Turhan staubte zur Führung für Optik ab (15.).

Erst nach 20 Minuten gab es die erste gelungene Parade. Victor erledigt Victoria - das wäre eine tolle Schlagzeile gewesen, aber Geisler parierte prächtig gegen den im Konter allein auf ihn zulaufenden Victor Lindau. Bei der anschließenden Ecke mussten das Dutzend Seelower Fans mit ansehen, wie Murat Turhan im Strafraum ungedeckt zum Kopfball kam. So etwas lässt sich der FSV-Stürmer nicht entgehen, und schon stand es 3:1 (22.).

Das gibt normalerweise Sicherheit. Nicht so am Samstag. Sechs Minuten später hätten die Gäste führen müssen! Bartosz Kaszubowski (gut gehalten), Marcel Georgi (Heber auf das Netz nach schlimmem Schnitzer von Rogall) und Nabiel Nasser (knapp vorbei, nachdem drei Rathenower einfach mal auf Abseits spekulierten und stehenblieben) - was für die angesichts der Witterung noch annehmbaren Kulisse von rund 200 Zuschauern unterhaltsam war, trieb die Verantwortlichen auf den Bänken fast in den Wahnsinn.

Weiter ging die wilde Hatz. Nun waren wieder die Gastgeber mit klarsten Möglichkeiten dran. Erst erzielte Turhan ein weiteres Kopfballtor, dem wegen eines vorangegangenen Foul von Jerome Leroy die Anerkennung versagt wurde, dann scheiterte Jerome nach einem Katastrophenrückpass von Seelow an Geislers Fußabwehr. Dem wollte Bjarne Rogall nicht nachstehen und hielt gut gegen den zentral zum Schuss kommenden Nasser.

Den Schlusspunkt unter eine, mit gutem Willen als turbulent zu bezeichnende Halbzeit, setzte erneut Murat Turhan. Ziemlich frei durch, wurde er im Strafraum zu Fall gebracht. Schiedsrichter Toni Bauer aus Joachimsthal zögerte und entschied dann auf Weiterspielen. Das sahen viele im Stadion anders, allerdings war auf dem nassen Geläuf die Zweikampfbeurteilung sehr schwer.

Die zweite Hälfte bot ein anderes Bild. Jetzt ging es fast ausschließlich auf das Victoria-Tor. Für die Gäste war nun keine einzige Gelegenheit mehr zu notieren. Dafür ließ Optik Chancen aus, mit denen clevere Teams drei Spiele gewinnen. Die klarsten vergaben Cihan Ucar (drüber), Murat Turhan (volley an den Pfosten ) und Semir Duljevic (lupft nach Solo übers halbe Feld knapp vorbei). Das war spektakulär, aber erfolglos.

Andersrum machte es Marcel Bahr, der sich einen zweifach abgewehrten Ball nochmals erkämpfte und einfach ins rechte Eck drosch. Sah ein bißchen nach Pike aus, brachte aber das 4:1 (65.). Möglich war das alles, da die Ostbrandenburger zeitig auf Dreierkette umgestellt hatten. Das ging voll nach hinten los, gerade hinten herrschte bei Seelow nämlich das blanke Chaos.

Dass ein im Strafraum allein gelassenener Murat Turhan gefährlich ist, wissen eigentlich auch Rathenows Gegner. Wenn man dann aber auch noch die Außen sträflich ungedeckt läßt, so dass die ihren Stürmer in aller Ruhe anspielen können, kommen die Treffer fast zwangsläufig. Bestes Beispiel war das 5:1. Murat konnte an der 16-Meter-Linie den Ball annehmen, schauen und platziert schiessen (73.).

Richtig schön kombiniert wurde beim letzten Tor. Yusaku Wasaki, Murat Turhan und Semir Duljevic waren beteiligt. Letzterer "schnippelte" das Spielgerät über den Keeper zum 6:1-Endstand ins Netz (78.). Da hatte sich Victoria längst aufgegegben und durfte froh sein, dass Cihan Ucars Schuss von der Lattenunterkante wieder ins Feld prallte, bei Duljevics Eingabe keiner herankam und Marc Langner ganz knapp verzog.

Spielertrainer Sebastian Jankowski nahm das Debakel mit auf seine Kappe: "Das war zu viel Risiko. Als wir nach 55 Minuten auf Dreierkette umgestellt haben, fielen nur weitere Gegentore. Aber der Gegner war stark, während bei uns heute gleich sieben Mann gefehlt haben. In zwei oder drei Wochen sind alle wieder bei. Nun heißt es sich wieder zu finden. Das wird sehr schwer, doch wir wollen nächste Woche gegen Malchow gewinnen."

Ingo Kahlisch meinte: "Wir sind erst seit kurzem komplett, das hat man auch heute gesehen. Mit der Abwehr war ich überhaupt nicht zufrieden, wir haben viel zu viel zugelassen. Na klar, ich freue mich auch über den Erfolg, aber wir brauchen da nichts hochzujubeln. Schön, dass der Lange drei Tore gemacht hat, aber nicht vergessen, Fußball ist ein Mannschaftssport. Ich will nicht immer dasselbe erzählen, aber bis wir da sind, wo wir eigentlich hin wollen, ist es noch ein weiter Weg. Wir müssen uns als Team festigen, bewusster und cleverer spielen. Wenn ich an die erste Halbzeit denke - der Kollege hatte ausreichend Möglichkeiten, da müssen wir ansetzen."

OPTIK: Rogall - Bahr, Turan, Langner, Boachie - Ucar (82. Huxol), Lindau - Weber, Leroy (G/75. Wasaki), Dülek (46. Duljevic) - Turhan

SEELOW: Geisler - Nasser, Jankowski D., Lawrenz, Steinert (G /60. Pflug/G) - Alexandropolous (89. GR), Reichelt (G), Georgi, Jankowski S. - Below (72. Müller), Kaszubowsk

TORE:
0:1 Below (4.)
1:1 Leroy (9.)
2:1 Turhan (15.)
3:1 Turhan (22.)
4:1 Bahr (65.)
5:1 Turhan (73.)
6:1 Duljevic (78.)